Wing Chun - mehr als nur ein Kampfsport

Von unserem Mitarbeiter David Graff

EILENDORF. Freude herrschte bei den Wing-Chun-Kämpfern in der Region. Großmeister Lo Man Kam hatte sich mit seinem Sohn Gorden Lu angesagt. Nun lauschten sie in der Kleebachschule in Eilendorf gebannt den Erklärungen, die der 72-jährige mit viel Charme und Witz weitergab. Dann plötzlich klatschte der Sifu (Lehrer, Vater) in die Hände und animierte seine Zuhörer zum Ausprobieren. Sifu Klaus Jeske, der die einzige Schule in NRW der deutschen Lo Man Kam Association in Aachen leitet, war ziemlich erfreut über den hohen Besuch. "Während andere Kung-Fu-Verbände nach China oder Taiwan reisen müssen, werden wir von unserem Sifu besucht", berichtet er.

Die Ausbildung und Vorbereitung von US-Soldaten auf den Irak-Krieg führte den gebürtigen Chinesen zu seinen Freunden nach Deutschland.

Ohnehin ist Kam, der gemeinsam mit dem berühmten Kung-Fu- und Filmstar Bruce Lee bei seinem legendären Onkel und Großmeister Yip Man lernte, ein viel beschäftigter und in der ganzen Welt angesehener Mann.

Lehrer bei CIA und FBI

Der enge Freund des taiwanesischen Staatsgründers ist unter anderem persönlicher Berater von CIA und FBI, unterrichtet die Königsfamilie Bruneis und ist nach wie vor Chefausbilder der taiwanesischen Spezialeinheit SWAT (Special Weapon Attack Team). So wundert es nicht, dass Jeske unter seinen 60 Gästen aus Deutscland auch Schüler aus Holland, dem Iran und gar von der Insel Réunion begrüßte.

Immer wieder schaute sich Lo Man Kam die Umsetzung seiner Instruktionen zur Kampftechnik bei den einzelnen Schülern in der Praxis an, gab Hinweise und erklärte Sachverhalte.

Sven Pennings, der erst seit zehn Monaten in Aachen unterrichtet wird war spürbar begeistert.

"Es ist toll, direkte Tipps von ihm zu bekommen", räumte er ein.

Wing Chun, was so viel heißt wie "ewiger Frühling", wurde im 18. Jahrhundert von einer Frau entwickelt.

"Deshalb haben wir auch fast fünfzig % Frauen bei uns", erzählte Klaus Jeske und nicht ohne Stolz und erläuterte die Trainingsmethoden: "Teilweise verbinden wir uns die Augen, um uns nur auf die vom Kampfpartner ausgeübte Kraft mit den gelernten Techniken zu reagieren." Lo Man Kam selbst erklärte, dass es im Wing Chun nicht nur auf Kraft ankomme, sondern auch die Denkweise entscheident sei. "Wir versuchen immer zwei Dinge zu vermitteln: das Physische und die Gedankengänge im Wing Chun."

Und so wurde auch dem Laien bald klar, dass sich hier keine einfachen Prügelknaben versammelt hatten. Hinter dieser Kampfsportart steckt viel mahr als nur Kraft und Gewalt. Wing Chun ist eine Lebenseinstellung.

(Dieser Artikel erschien im Oktober 2005 in der "AACHENER ZEITUNG".)

Zurück